|
Sozialabbau und fehlende Stellen für LehrerInnen
Nach Angaben des Philologenverbandes fehlen an Deutschlands Schulen rund 16.000 LehrerInnen. Erst kürzlich hat Deutschland von der OECD erneut schlechte Noten für das deutsche Schulsystem erhalten. Seit dem PISA-Skandal hat sich offenbar nichts verbessert. Und dies ist nicht den LehrerInnen zuzuschreiben, sondern der Politik, die - in diesem Sonderfall sogar gegen die Interessen der Wirtschaft - an einem mangelhaften Bildungssystem festhält, das allein der Bildung von Elite dient - ob diese deutsche Elite dann aber gebildet ist, steht auf einem ganz anderen Blatt... Der kürzlich veröffentlichte Bildungsbericht der OECD löste eine breite Debatte aus. Schon seit über zwei Jahrzehnten ist zu beobachten, daß der Anteil der Kinder aus dem unteren Zweidrittel dieser Gesellschaft an weiterführenden Schulen und Universitäten mehr und mehr absackt. Angesichts der geringen deutschen StudentInnenzahlen und des drohenden AkademikerInnen-Mangels bedeutet die Einführung von Studiengebühren eine weitere Erhöhung der Barrieren vor den Universitäten. Wen dies trifft ist klar. Auch dies ist eine Form von Sozialabbau. Besonders groß ist der Mangel an LehrerInnen an beruflichen Schulen, an Gymnasien und Realschulen in Süddeutschland sowie Mangelfächern wie Mathematik und Physik. Also Fächern, in denen exaktes und kritisches Denken trainiert wird. Deutschlands LehrerInnen sind im Schnitt deutlich älter als ihre KollegInnen in anderen Industriestaaten: In der Bundesrepublik ist mehr als die Hälfte der LehrerInnen, die bis zur zehnten Klasse unterrichten, 50 Jahre alt oder älter. Im Mittel der OECD-Staaten ist dies weniger als ein Drittel, teilte das Statistische Bundesamt vor fünf Tagen mit. Und dieser Bildungs-Skandal beruht nicht etwa darauf, daß ein Mangel an LehramtsanwärterInnen bestünde, sondern weil die Politik meint, bei der Bildung "sparen" zu müssen. Dabei ist das Wort "sparen" im doppelten Sinne verlogen. Sparen heißt - oder hieß einmal - Guthaben bilden, Überschuß bilden. Die Regierungen aber, ob Landesregierungen oder Bundesregierung, machen statt dessen Schulden - also das Gegenteil von Sparen. Wenn sie "sparen" sagen, meinen sie in Wirklichkeit: kürzen. Dabei wären Ausgaben für die Bildung - wollten wir das mal so "materialistisch" sehen - tatsächlich Sparen. Es wird damit ein "Guthaben" in den Köpfen der jungen Generationen gebildet, das reichlich "Zinsen" trägt. Auch so betrachtet sind die fortwährenden Kürzungen also real das gerade Gegenteil von Sparen. Doch vielleicht haben unsere Eliten Angst vor den Folgen einer Bildung, die zu kritischem Denken befähigt und die nicht allein den Kindern der Elite zugutekommt. Vielleicht haben sie Angst vor einer gut ausgebildeten Jugend. Nicht zuletzt Dank der sogenannten Bildungsreform der frühen 1960er Jahre strömte eine große Zahl an Kindern aus - wie es heute so schön heißt: bildungsfernen Schichten - an die Gymnasien und dann an die Unis. Die aufmüpfigen StudentInnen der Jahre 1967 und 1968 waren nicht zuletzt eine Folge davon. Das steckt den deutschen Eliten noch heute in den Knochen...
Zurück zur Übersichtsseite 'Redebeiträge' Zurück zur HAUPTSEITE
|