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2,7 Millionen Kinder in Deutschland
Ende 2002 waren 1,02 Millionen Kinder von Sozialhilfe abhängig
Die Mainstream-Medien ignorierten dieses Thema lange Zeit. Doch nun - bei der Erhöhung der Milch-Preise und der für andere Grundnahrungsmittel um über 50 Prozent - kommen sie nicht mehr darum herum. Selbst der Mann mit dem roten Schal, der Ex-Parteivorsitzende der sogenannten Sozialdemokraten und Arbeitslosigkeits-Minister Müntefering, sah sich jetzt gezwungen, ein bißchen Koalitions-Theater in der Sommerpause aufzuführen. Er verknüpfte die Forderung nach einer Anpassung des ALG II von 357 Euro im Monat mit der Zustimmung der Union für Mindestlöhne. Er glaubt anscheinend die Menschen in Deutschland für dumm verkaufen zu können, daß sie immer noch auf die uralte Aufführung hereinfallen mit dem Titel: "Rot schiebt Schwarz den schwarzen Peter zu". Viele wissen das nicht und deshalb müssen wir das immer wieder in der Öffentlichkeit klar machen. Der heutige ALG-II-Satz von 347 Euro beruht - 2 Euro hin oder her - immer noch auf einer sogenannten der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) von 2003. Die auf dieser Grundlage errechneten "Regelsätze" - beispielsweise stehen für ein Kind 86 Cent monatlich für Spielsachen, 1 Euro 76 Cent monatlich für Schulsache zur Verfügung - sollen nur alle fünf Jahre angepaßt werden. Infolge der jährlichen Preissteigerungen soll also unsichtbar bis 2008 jedes Jahr das ALG II gekürzt werden, denn die Kaufkraft der 347 Euro wird jedes Jahr weniger. Durch die Anpassung an die Renten kam am 1. Juli 2007 die lächerliche Erhöhung des ALG II von 345 Euro 2 Euro auf monatlich 347 Euro zustande. Theoretisch handelt es sich neben den alle fünf Jahre vorgesehenen Anpassungen durch die EVS um eine weitere Möglichkeit der ALG-II-Erhöhung - theoretisch! Denn seit Jahren sinken die Renten real, denn entweder wurden sie gar nicht erhöht oder die minimalen Erhöhungen wurden durch die Preissteigerung aufgefressen. Um sich mal klar zu machen, was eine Erhöhung um 2 Euro real bedeutet: Damit ist Regelsatz für Schulkindern bis 14 Jahren für die Ernährung von 2,27 Euro auf 2,28 pro Tag angewachsen - also um einen Cent pro Tag. Einer aktuellen Studie der Universität Bonn zufolge reicht der Hartz-IV-Regelsatz nicht aus, um Kinder und Jugendliche gesund und ausgewogen zu ernähren. Die bis zu 50 Prozent angestiegenen Lebensmittelpreise unter anderem für Milch werden besonders die Kinder in Hartz-IV-Haushalten treffen. "Die Bedingungen, unter denen Millionen arme Kinder in Deutschland aufwachsen, werden dadurch noch schlechter", sagt der Armutsforscher Christoph Butterwege. In der vom Institut für Kinderernährung der Universität Bonn vorgelegten Studie wurden allerdings noch die Lebensmittelpreise von 2004 zugrunde gelegt. Dennoch ist das Resultat erschreckend. Im Sommer 2004 startete die damalige Verbraucher-"schutz"-Ministerin Renate Künast eine Kampagne, um so angeblich gegen das sich von Jahr zu Jahr stärker ausbreitende Übergewicht der Kinder und Jugendlichen angehen. Die Organisation 'foodwatch' merkte dazu kritisch an: "Die Regierung scheut die harte Auseinandersetzung mit der Industrie. Statt Hersteller, Handel und Werbewirtschaft zu echter Produktverantwortung zu zwingen, versetzt das Haus Künast die Industrie in die komfortable Lage, nur unverbindliche Zusagen machen zu müssen." Anstatt eine "Alibi-Politik mit regierungsamtlichem Stempel" zu betreiben, sei es wichtig darüber zu debattieren, "wie gesunde Ernährung aussehen müsse und wie diese verbreitet werden müsse". Tatsächlich sind heute rund 20 Prozent der deutschen Kinder und 30 Prozent der Jugendlichen übergewichtig. Mit steigender Tendenz. Übergewicht führt für die betroffenen Kinder und Jugendlichen oft genug zusätzlich zur körperlichen Behinderung zu großen psychischen Problemen. Sie werden ausgestoßen und gehänselt und können in Mitten der allgegenwärtigen "fit for fun"-Mentalität kaum ein gefestigtes Selbstvertrauen entwickeln. Hinzu kommen gesteigerte Krankheitsrisiken. Bluthochdruck, Herzinfarkt, Diabetes und Überbelasung der Knochen korrelieren in hohem Maß mit Übergewicht. Immer mehr Kinder leiden beispielsweise an Krankheiten, die noch vor Jahren nur bei alten Menschen bekannt waren: Eine Studie der Berliner Charité brachte zu Tage, daß auffallend viele Kinder an Diabetes Typ 2 erkranken. Renate Künast stimmte den Hartz-IV-Gesetzen und dem so von "Rot-Grün" verschärften Sozialabbau zu. Während die genannte Kampagne lediglich ihrem Image nutzte, bewirkte sie real mit der Zustimmung zu Hartz IV das genaue Gegenteil der mit der Kampagne propagierten Ziele. Schon heute betragen die durch falsche Ernährung bedingten Kosten mehr als 70 Milliarden Euro pro Jahr. 2,5 Milliarden Euro pro Jahr gibt die Ernährungsindustrie für Werbung aus. Davon entfällt laut 'Foodwatch' rund ein Viertel allein auf Süßwaren. Erst vor wenigen Wochen wurde von "Schwarz-Rot" ein neuer "Nationaler Aktionsplan für gesunde Ernährung" vorgestellt. Er ist ebenso wenig wert wie die 2004 von Künast gestartete Kampagne. Weiterhin sollen Jugendliche bis 18 Jahre nur 80 Prozent der 347 Euro ALG II erhalten, Kinder unter 14 Jahren gar nur 60 Prozent, rund 210 Euro monatlich. Ziehen wir aber davon die monatliche Ansparleistung in Höhe von 36 Euro ab, so verbleiben genau 174 Euro als monatliche Grundsicherung. Rechnen wir weiter aus diesem Betrag die Mehrwertsteuererhöhung von 16 Prozent heraus, verbleiben gerade noch 150 Euro. Das ist fast genau die Regelsatzleistung der Sozialhilfe von 1994. Für inzwischen 2,7 Millionen Kinder in Deutschland, die auf ALG II angewiesen sind, bedeutet dies schlicht und einfach, daß der Regelsatz für Gesundheit, Ernährung, Schulsachen und Bildung nicht ausreicht. Müntefering, der stellvertretende Vorsitzende der "S"PD-Fraktion, Ludwig Stiegler, und der arbeitsmarktpolitischer Sprecher der Fraktion, Klaus Brandner, machten übrigens ihre Forderung nach einer Anhebung des Hartz-IV-Regelsatzes von der Bedingung abhängig, daß eine Überprüfung des ALG II erst noch ergeben müsse, ob es bedarfsdeckend sei. Welche Beweise benötigen diese Herren noch? Die Konsequenz aus der sich immer deutlicher abzeichnenden Misere, die durch die Hartz-IV-Gesetze bewußt angesteuert wurde, kann nur heißen: Weg mit Hartz IV! Wenn PolitikerInnen mit der aktuellen Erhöhung der Milch- und Fleischpreise nun eine Debatte um eine mögliche Anhebung der Regelsätze beginnen, ist dies ein doppeltes Armutszeugnis - ein geistiges Armutszeugnis, das sich diese PolitikerInnen selbst ausstellen und ein Armutszeugnis für diese Gesellschaft. Dem stellvertretenden Vorsitzenden der Bundestags-Fraktion der Linkspartei, Klaus Ernst, ist zuzustimmen, wenn er sagt. "Wer die jetzigen Preissteigerungen allein zum Anlaß nimmt, die Erhöhung der Grundsicherung zu fordern, wie es Teile der ehemaligen Hartz-IV-Regierungsparteien SPD und Grüne tun, muß sich den Vorwurf des Populismus gefallen lassen. Hartz IV muß überwunden werden." Auch wenn wir bei den Montags-Demos zeitweilig recht wenige waren - auch wenn wir jetzt bereits drei Jahre dagegen demonstrieren - unsere Forderung ist und bleibt richtig: Weg mit Hartz IV!
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