MONTAGS-DEMO FREIBURG
Redebeitrag vom 18.06.07

Streckenstilllegungen
und Fahrplanausdünnung
bei der Bahn

Sozialabbau und Klimawandel

Vor fast genau einem Jahr beschloß der Bundestag mit Zustimmung des Bundesrats, die Bundeszuschüsse für den Personennahverkehr auf der Schienen zu kürzen. Bis 2010 bekommen die Länder insgesamt rund 2,8 Milliarden Euro weniger an sogenannten Regionalisierungsmitteln als in den Jahren zuvor. Dies ist nicht nur unter ökologischen Gesichtspunkten eine Katastrophe - dies ist auch eine Form von Sozialabbau.

Nur mal nebenbei bemerkt: Der Straßenverkehr - und damit indirekt die Mineralölindustrie und die Automobilindustrie - werden verdeckt jährlich mit rund 77 Milliarden Euro subventioniert. Das ist die reale Klimapolitik von "Schwarz-Rot-Grün-Gelb". Ausgerechnet die Verkehrsträger mit der schlechtesten Ökobilanz und den höchsten Folgekosten für die Allgemeinheit werden subventioniert und auf der anderen Seite wird eingespart.

Nach und nach treten die Folgen dieser Umverteilungspolitik zutage: Immer mehr Zugverbindungen werden gestrichen und sogar ganze Bahnstrecken werden stillgelegt. So wurden gerade vor wenigen Tagen Zugverbindungen zwischen Freiburg und Basel gestrichen. Wie die Lokalpresse berichtete, mußten deswegen FreiburgerInnen bereits ihre Arbeitsstelle in Basel aufgeben. Nun gibt es sicher wieder irgendwelche Schlauberger, die sofort anmerken: In Basel haben die ja auch super-gut verdient. Wir müssen immer wieder hervorheben - wie zuletzt in unserem Beitrag über die Situation der ÄrztInnen - , daß der Sozialabbau Menschen auf ganz verschiedenem Niveau trifft - doch daß wir uns nur dagegen wehren können, wenn wir solidarisch sind. Denn das gesamte Untere Zweidrittel dieser Gesellschaft ist vom Sozialabbau betroffen. Selbstverständlich müssen wir nicht mit Herrn Joseph Ackermann von der Deutschen Bank solidarisch sein, wen er mal in einem Jahr statt 10 Millionen Euro nur 9 Millionen verdienen sollte.

Wir müssen uns aber auch nicht mit den Menschen in Afrika vergleichen lassen und uns anhören: Im Vergleich zu denen geht's euch noch wie Königen. Denn: Wenn wir uns nicht wehren, lassen sie uns bald ebenso verhungern wie unserer Schwestern und Brüder in Afrika.

In Baden-Württemberg wurden im Vergleich zu den anderen Bundesländern die meisten Züge gestrichen, im Rahmen des jüngsten Fahrplanwechsels erstmals sogar auch gut ausgelastete Züge wie auf der Strecke Tübingen-Stuttgart.

Ganze Bahnstrecken sind den Kürzungen in Brandenburg und Thüringen zum Opfer gefallen. Dort verkehrten zwischen Templin und Joachimsthal (Uckermark/Barnim) sowie zwischen Schleiz und Schönberg (Saale-Orla-Kreis) seit Dezember letzten Jahres keine Züge mehr.

In Niedersachsen beispielsweise haben die Träger des Schienennahverkehrs aufgrund der Mittelkürzungen bereits etliche Züge abbestellen müssen. Auch mittelständische Unternehmen der Tourismus-Branche - beispielsweise im Harz - sind betroffen.

Den Bundesländern stehen in folge der Mehrwertsteuererhöhung seit Januar 2007 jährlich mehrere Milliarden Euro zusätzlich zur Verfügung. Der ökologisch orientierte Verkehrsclub VCD forderte daher die Länder auf, einen Teil dieser Mehreinnahmen in den Nahverkehr zu investieren, um die Stilllegung von Strecken und Fahrplanausdünnungen zu verhindern. Den LandespolitikerInnen sollte gerade im Zusammenhang mit der Klimaschutzdiskussion klar werden, wie wichtig ein gut ausgebauter und funktionierender Nahverkehr ist, heißt es in einer Pressemitteilung des VCD. Schade nur, daß Umwelt-Verbände immer mal wieder daran erinnert werden müssen, daß die gegenwärtige Politik nicht nur ökologische, sondern auch soziale Folgen hat.

 

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