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Mit Merkel für feministische Umweltzerstörung
Auf der Titelseite ihrer letzten Ausgabe wirbt die Zeitschrift EMMA ziemlich unverhohlen für die französische Präsidentschaftskandidatin Ségolène Royal. Unter dem Starfoto sind die Bildchen von sechs Regierungs-Chefinnen, darunter in der Mitte Bundeskanzlerin Angela Merkel, aufgereiht und zu lesen ist: "Frauen an die Macht!" Auch Merkel wurde von EMMA im Wahlkampf gegen Schröder 2005 unterstützt, doch immerhin gab es seitdem gelegentlich sachte Kritik in der einzigen sich als feministisch bezeichnenden deutschen Zeitschrift zu lesen. Doch weder die - ebenso wie unter Schröders "rot-grüner" Regierung - vorangetriebene Umweltzerstörung noch der fortgesetzte Sozialabbau wurden thematisiert. Hatten viele Frauen noch 2005 gehofft, die Blattlinie sei einem temporären Blackout Alice Schwarzers geschuldet, und spätestens nach einem Jahr "Schwarz-Rot" würde die triste Realität für ein böses Erwachen sorgen, sorgt diese Entwicklung für mehr und mehr Verwunderung. Gerade erst vor wenigen Tagen einigten sich Royal und Merkel bei einem Besuch der französischen Wahlkämpferin in Berlin auf einvernehmliche Wirtschaftspolitik. Daß "sozialistische" und "konservative" Politik in den Zeiten des Neo-Liberalismus sich nur noch in der Wortwahl während der Wahlkämpfe unterscheiden, konnten alle, die politisch nicht schliefen, bereits in den langen Jahren der "freundschaftlichen" Beziehungen zwischen dem "sozialistischen" Präsidenten Mitterand und Kanzler Kohl verfolgen. Wenn sich Merkel für die deutschen Automobil-Konzerne - freie Fahrt in die Klimakatastrophe - einsetzt, den Ausbau der regenerativen Energien weiterhin bremst, den Atomausstieg am Sankt-Nimmerleinstag der "rot-grünen" Vorgängerregierung zur Überraschung alle Ausstieg-aus-dem-Ausstieg-Angsthasen unbekümmert fortsetzt und zusammen mit Royal den größten europäischen Rüstungs-Konzern, EADS, bemuttert, ist dies ebenso wenig feministische Politik wie die von Kohl oder Schröder. Es ist die alte partriarchalische, menschen- und naturverachtende Politik. Aus der Riege der als weibliche Idole hingestellten Politikerinnen ist die chilenische "sozialistische" Präsidentin Michelle Bachelet ein Musterbeispiel. Unter einer "konservativen" Regierung war sie Rüstungsministerin und verwaltete wachsende Militäretats, während gleichzeitig der Sozialetat geschrumpft wurde und der chilenische Sozialabbau nicht zuletzt auf Kosten der Frauen ging. Dennoch wird sie auch von Linken als "sozialistische" Präsidentin Chiles hochgehalten und gilt als Feministin. Es scheint dabei nur noch darum zu gehen, sich mit einem Markenzeichen zu identifizieren, ohne daß dieses noch mit irgendeiner Bedeutung verknüpft wäre. Auch Alice Schwarzer gibt im Editorial der aktuellen EMMA-Ausgabe nicht den geringsten Hinweis, welche politischen Inhalte sie sich von den idolisierten Politikerinnnen verspricht. Das ist kein Feminismus mehr, das ist Sexisimus - nur anders herum. Noch nicht lange ist es her, daß sich Schwarzer mit erfreulicher Deutlichkeit gegen die Annektion des Irak aussprach. Diese Annektion wird um den Preis eines fortdauernden Kriegszustands im Irak aufrechterhalten und Merkel setzt die indirekte Unterstützung dieser US-Politik durch Schröder - wie kaum anders zu erwarten - fort. Wie Alice Schwarzer nun angesichts Sozialabbau, Kriegspolitik um globale Rohstoffe und beschleunigter Fahrt in die Klimakatastrophe von "relativ normalen nationalen Verhältnissen" schreiben kann, wird wohl ihr Geheimnis bleiben. Etwas ist allerdings anders seit den Zeiten, als Regierungs-Cheffinnen wie Golda Meir oder Margret Thatcher noch als biologische Abnormitäten wahrgenommen wurden: In den Zeiten der "Normalität" wird uns Frauen nun zugerufen: Seht euch Merkel an! Wenn ihr nur wollt, könnt ihr das auch schaffen - krempelt nur die Ärmel eurer schultergepolsterten Karrierefrauenblazer hoch! Viele junge Frauen fragen sich heute, ob die Generation der nach 1950 Geborenen den Feminismus nicht vielleicht verschenkt hat. Die Beschäftigungsquote von Frauen in Ostdeutschland geht seit dem Anschluß bergab. Frauen verdienen seit den 1960er Jahren unverändert rund 30 Prozent weniger als Männer. Und die meisten Frauen machen sich heute gar keine Gedanken mehr darum, ob Kindererziehung und Arbeit vereinbar sind oder sein sollten: Denn entweder verdienen die Väter mehr, weil sie die üblichen zwei bis fünf Jahre älter sind oder weil bei gleichen Voraussetzungen die statistischen 30 Prozent die völlig "rationale" Entscheidung nahelegen, daß derjenige mit dem besseren Einkommen berufstätig bleibt. Und einen ganz besonderen Geistesblitz erlaubte sich vor zwei Jahren der damalige Präsident von Harvard, Larry Summers: Er mache sich allmählich Gedanken darüber, ob es nicht vielleicht doch einen angeborenen Unterschied zwischen Männern und Frauen geben könne, der verhindere, daß Frauen in naturwissenschaftlichen Fächern Spitzenleistungen brächten. Denn schließlich habe jahrzehntelange Frauenförderung an Harvard keine Spitzenkräfte hervorgebracht. Zurück zur Übersichtsseite 'Redebeiträge' Zurück zur HAUPTSEITE
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