MONTAGS-DEMO FREIBURG
Redebeitrag vom 4.09.06

Urlaub mit ALG II ?

 

Hetze und Realität

Volker Kauder, Fraktionsvorsitzender der Union im Deutschen Bundestag, hatte ungestraft bereits im Juni in einem Interview mit der 'Süddeutschen Zeitung' verkünden dürfen, ALG-II-EmpfängerInnen könnten ohne Risiko für zwei Monate in Urlaub fahren. Die Hetze dieses Haßpredigers, die sofort von anderen weiterverbreitet wurde, hat offenbar in der Öffentlichkeit verfangen, denn danach wurde immer öfter die Forderungen laut, ALG-II-EmpfängerInnen mit Gesetzesverschärfungen die Flausen auszutreiben.

Wie sieht in der Realität die rechtliche Situation aus?

Schon im Juni konnten Erwerbslose, die arbeitslos gemeldet sind, jederzeit - auch für den nächsten Tag - vorgeladen werden. Das ist geltendes Recht schon aus der Zeit vor Hartz IV ! Harte Sanktionen drohen für den Fall, wenn einer Vorladung ohne triftigen Grund nicht nachgekommen wird. Ausnahmen für einen längeren Zeitraum als drei Wochen konnten nur im Ermessen der ARGEn gemacht werden, wenn Erwerbslose einen Antrag stellten. Voraussetzung war, daß Erwerbslose als "schwer vermittelbar" galten und - nach Einschätzung der zuständigen Fallmanager oder Sachbearbeiter für die beantragte Zeit keine Stelle in Aussicht ist.

Bei solchen Anträgen geht es übrigens in der Regel gar nicht um Urlaub - wer kann sich schon bei monatliche 345 Euro einen Urlaub leisten? Es geht oft einfach nur um ein oder zwei Wochen freie Zeit ohne Bewerbungsdruck und Ämterstress!

Doch die Stimmungsmache gegen ALG-II-EmpfängerInnen hatte Erfolg: Zum 1. August wurde eine weitere Verschärfung realisiert. Die sogenannte Erreichbarkeitsanordnung wurde für das SGB II in Kraft gesetzt. Dies bedeutet, daß ALG-II-EmpfängerInnen nur noch an drei Wochen im Jahr - nach Beantragung - ortsabwesend sein dürfen.

Doch all diese Regelungen kennen selbst viele ALG-II-EmpfängerInnen nicht genau. So kam es bereits Anfang dieses Jahres öfter vor, daß Ihnen von ARGE-MitarbeiterInnen mitgeteilt wurde, sie dürften keinen Urlaub nehmen.

Tatsächlich gibt es jedoch auch nach dem 1. August die Möglichkeit, sich einmal im Jahr für drei Wochen abzumelden. Nur für diese drei Wochen wird das ALG II weiterbezahlt. Ein Antrag auf diese drei Wochen "Stress-frei" darf von der ARGE übrigens nur abgelehnt werden, wenn aktuell eine konkrete Stelle in Aussicht ist. Es genügt also für eine Ablehnung nicht der vage Hinweis auf mögliche Stellenangebote.

In den übrigen 49 Wochen des Jahres gilt eine Art Residenzpflicht. ALG-II-EmpfängerInnen müssen zumindest jeden Werktag einmal in den Briefkasten schauen.

 

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