MONTAGS-DEMO FREIBURG
Redebeitrag vom 13.12.04

Sozialabbau und Kinderarmut

Für die heutige, siebzehnte Montags-Demo in Freiburg haben wir uns das Thema "Hartz IV und Kinderarmut" vorgenommen. Aus dem aktuellen Armutsbericht von "Rot-Grün", der eigentlich erst Anfang 2005 veröffentlicht werden sollte, geht hervor, daß der Anteil derer, die in Deutschland nach der offiziellen Definition von Armut betroffen sind, bereits auf 13 Prozent angewachsen ist.

Alle Prognosen stimmen darin überein, daß der Anteil von Alleinstehenden mit Kindern - und das sind hierzulande meist die Frauen - , die aus dem Arbeitslosengeld herausfallen und zu ALG-II-BezieherInnen werden, besonders stark wächst. Auch in vielen anderen Bereichen werden die Kinder zu den ersten Opfern in dieser Gesellschaft von den Auswirkungen von Hartz IV zählen. Die Zahl der Kinder, die in "Bedarfsgemeinschaften" mit Sozialhilfe aufwachsen, wird drastisch steigen.

Während der 60er Jahre gab es im gesamten damaligen Bundesgebiet insgesamt nur rund eine halbe Million SozialhilfeempfängerInnen. 1982 gab es erstmals mehr als eine Million und 1991 wurde die 2-Millionen-Grenze durchbrochen. Ende 2002 waren insgesamt 2,76 Millionen Menschen - entsprechend 3,3 Prozent der Bevölkerung - auf Sozialhilfe angewiesen. 1963 waren es noch lediglich ein Prozent. Jede vierte alleinerziehende Frau ist heute auf Sozialhilfe angewiesen.

Ende 2002 waren 1,02 Millionen, Ende 2003 bereits 1,08 Millionen Kinder auf Sozialhilfe angewiesen - ein Anstieg um 6,2 Prozent. Heute leben bereits 1,34 Millionen Kinder von Sozialhilfe. Nach Angaben des Kinderschutzbundes werden weitere 500.000 Kinder in die Sozialhilfe abrutschen.

Arme Kinder leiden oft unter Streß und geringem Selbstbewußtsein. Und sie nutzen Sport zu selten - welch ein Zufall bei ständig dezimierten Angeboten! - zu selten als Ausgleich für Belastungen. Nur mal ein Beispiel: Immer weniger Kinder lernen Schwimmen. Eines der beliebtesten Abzeichen bei Kindern ist das "Seepferdchen". Immer mehr Stadtteil-Bäder fallen dem Rotstift der Stadtverwaltungen zum Opfer. Selbst der konservative Präsident des Deutschen Sportbundes, Manfred von Richthofen, erklärte kürzlich zu den Einsparungen: "Dies ist vielleicht kurzfristig der leichtere Weg, sachgerecht und zukunftsichernd sind solche Lösungen nicht. (...) Wenn Kinder nicht schwimmen lernen und Jugendliche nicht schwimmen können, dann ist das ein gesellschaftlicher Skandal." Und weiter: "Wir müssen verhindern, daß Menschen aller Altersstufen ihr Gesundheits- und Lebenselixier Schwimmen nicht mehr pflegen können, weil das Bäder-Netzwerk gravierende Lücken aufweist."

Zudem erreichen viele Gesundheitsangebote arme Familien nicht. Beispielsweise ist nahezu ein Drittel der Kinder von Langzeit- arbeitslosen nicht ausreichend geimpft. Arme Kinder leiden häufiger an Übergewicht, Karies, Infektionen und an Asthma. Arme Kinder erleiden statistisch signifikant häufiger Unfälle. Sie erleiden im Durchschnitt doppelt so oft Verbrühungen und Verkehrsunfälle.

Wie schon PISA gezeigt hat - was jedoch viel zu wenig in der öffentlichen Diskussion auftaucht - sind die unterschiedlichen Bildungs-Chancen in keinem anderen europäischen Land so extrem unterschiedlich zwischen Arm und Reich wie in Deutschland. Und auch dies ist unter "Rot-Grün" in den letzten sechs Jahren nicht etwa abgemildert worden, sondern auch dieser Zwiespalt wurde noch vertieft.

Je jünger Kinder sind, desto häufiger sind sie auf Sozialhilfe angewiesen. Bei der Gruppe der 15- bis 17-Jährigen: 4,7 Prozent. Bei der Gruppe der Unter-7-Jährigen sind es 8,6 Prozent. Eine Lawine kommt auf uns zu!

Nur nebenbei bemerkt: Es heißt, der Deutschen liebstes Kind sei der Wald. Nach sechs Jahren "Rot-Grün" geht es ihm so schlecht wie noch nie zuvor!

Ich danke fürs Zuhören.

 

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